Gottfried Mayerhofer - Predigten des Herrn - Gottfried Mayerhofer

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PREDIGTEN DES HERRN
- Originaltext nach der Erstausgabe von 1892 -
37.
Am elften Sonntag nach Pfingsten

Die Heilung eines Taubstummen
Markus 7,32-37: Und sie brachten zu ihm einen Tauben, der stumm war, und sie baten ihn, dass er die Hand auf ihn legte. Und er nahm ihn von dem Volk besonders und legte ihm die Finger in die Ohren und spützte und rührte seine Zunge und sah auf gen Himmel, seufzte und sprach zu ihm: Hephatha, das ist: Tu dich auf! Und alsbald taten sich seine Ohren auf, und das Band seiner Zunge war los, und er redete recht. Und er verbot ihnen, sie sollten's niemand sagen. Je mehr er aber verbot, je mehr sie es ausbreiteten. Und sie wunderten sich über die Maßen und sprachen: Er hat alles wohl gemacht; die Tauben macht er hörend und die Sprachlosen redend.


Empfangen am 17. April 1872

Warum Jesus Kranke heilte

Die schnelle Heilung eines Taubstummen, von dem in diesem Kapitel des Evangelisten Markus erzählt wird, war eine von jenen Taten, mit denen Ich von Zeit zu Zeit Meine Lehre bekräftigen musste, damit Meine Jünger sowie das Volk, das Mir nachfolgte, auch durch Taten überzeugt würden, dass Meine Worte göttlicher Abstammung seien, und dass Mein Dasein auf Erden eine höhere Mission in sich fasse als die eines Propheten oder Sehers. Das Volk aber war durch Magier und durch die falschen Wundertaten der Essäer, die dem urteilslosen Volk aber dennoch als echt galten, an Außerordentliches gewöhnt, und sie hielten nur zu leicht jemanden für einen außerordentlichen, gottbegnadigten Menschen, der diese Auszeichnung nicht verdiente.
Deswegen vollbrachte Ich besonders Krankenheilungen und solche Wundertaten, die Gaukler oder Magier nicht zu vollführen vermochten.
Was den Akt der Heilung selbst betrifft so wie Ich selbe verrichtete, so hat er einen tieferen geistigen Sinn als bloß den, dass Ich solche Kranken heilte, um von Mir und Meiner Wunderkraft reden zu machen; Ich hatte solches nicht nötig, ja Ich verbot den Geheilten sowie den Zeugen oft, wie auch hier, von dem Geschehenen weiterzureden, was aber selten befolgt wurde wie bei allem was Ich verbiete, eben durch das Verbot der Drang, dagegen zu sündigen, erst stärker erwacht.
Auch Paulus empfand dies, indem er seufzend ausrief: Wäre nicht das Gesetz, so wäre nicht die Lust dagegen zu sündigen, und bekannte in diesen Worten die Schwäche der menschlichen Natur; gleichzeitig liegt aber darin eine Warnung vor zu großer Sicherheit in dem Bewusstsein eine gewisse Stärke erlangt zu haben, damit nicht unverhofft ein desto tieferer Fall folge.


Die Bedeutung von körperlicher Taub- und Stummheit und deren Folgen

Was den Taubstummen selbst betrifft und seine geistige Bedeutung für euch alle, so müsst ihr das Wort taub und stumm zuerst betrachten, und dann aus der gegebenen Erklärung die geistigen Schlüsse ziehen, warum gerade auch diese Handlung als Lehrstoff zu einer Sonntagspredigt gewählt wurde.
Ihr müsst wissen, dass in jedem Wort, das Ich sprach, und noch mehr in jeder Handlung, die Ich während Meines Erdenwandels verrichtete, bei weitem mehr des Geistigen liegt als bloß der Akt der Tat und nicht die Gelegenheit oder die Umstände die sie hervorriefen, es waren, die Mich veranlassten, Meine Lehre dem Mir nachfolgenden Volk kundzugeben; vielmehr hat jedes Meiner Worte einen weiterreichenden Sinn als die Zuhörer ahnten, und auch heute noch die meisten Bibelerklärer und Bibelforscher herausgefunden und hineingelegt haben.
Deswegen muss Ich euch hier wieder diese zwei Worte taub und stumm etwas näher erklären, damit wir dann durch geistige Entsprechung das leichter herausfinden können, was zu Meinem Zweck passt und was für eine geistige Bedeutung in dem Wort Hephatha dann in der Handlung sowohl als auch in der Person, an der Ich diese Handlung vollzog, liegt, denn auch dies war kein Zufall, warum hier gerade ein Taubstummer auf diese besondere Art von Mir geheilt wurde, während Ich bei anderen Gelegenheiten Blinden, Lahmen, Aussätzigen und anderen nur durch Mein Wort oder Auflegen Meiner Hände die Gesundheit wieder gab.
Taub sein ist ein Zustand, wo der innere Geistesmensch um einen Sinn ärmer, vieles von den Annehmlichkeiten und geistigen Einflüssen der Außenwelt entbehren muss was einem hörenden Menschen von allen Seiten zuströmt um ihm zu zeigen, dass in der Materie noch Größeres und Geistigeres liegt als er glaubte, denn die Eindrücke des Schalls, vom leisesten Geräusch bis zur höchsten Harmonie in der Musik oder bis zum noch höheren Ausdruck aller geistigen Begriffe im Wort, ist eine Stufenreihe von Genüssen, Erklärungen und Kundgebungen Meiner ewigen unendlichen Göttlichkeit in der materiellen Schöpfung, die, so viele Gehörwerkzeuge es in der Schöpfung gibt, auch ebenso viele verschiedene Eindrücke machend, alle dem Tauben fremd und nicht erklärbar sind, ebenso wie dem Blinden die Farben, besonders wenn diese Mängel schon von Geburt an bestehen.
Stumm ist das Entgegengesetzte von taub. Wenn im Tauben der innere Mensch oder die Seele tausenden Einflüssen von außen durch das Nichthören beraubt wird, so kann umgekehrt der Stumme die Einflüsse, die er von außen durch seine Sinne aufgenommen und in sich verarbeitet hat, die dann die Ausflüsse seines Inneren bilden, andere nicht durch die Sprache sondern nur höchstens auf unvollkommene Weise durch das geschriebene Wort, durch Zeichen, Gebärden und mittelst unartikulierter Worte kundgeben.
Nun sind aber gegenseitige Mitteilungen ein Haupterfordernis zur geistigen Entwicklung der Seele und deswegen ist es begreiflich, dass derjenige, der stumm ist, nicht nur des Genusses größtenteils entbehren muss, die das Zurückstrahlen des von außen Empfangenen gewährt, sondern er ist auch in seiner Seelenentwicklung gehemmt.
Nachdem Ich euch nun die Bedeutung dieser beiden Worte und des Verlustes der einen oder der anderen Eigenschaft näher erklärt habe, so könnt ihr euch erst eine Vorstellung von dem seelischen Zustand solcher Menschen machen, denen Gehör und Sprache oder das Fühlen oder Aufnehmen von Harmonien von außen, und das Wiedergeben der von außen auf den Innenmenschen hervorgebrachten Eindrücken fehlen.
In diesem zweifachen Mangel liegt ein ungeheurer Hemmschuh des Fortschritts in der seelischen Entwicklung; denn wer nur durch andere Mittel als durch das Gehör das außer ihm Liegende aufnehmen, und das Aufgenommene ohne die Sprache wiederum nur zur Not anderen mitteilen kann, der entbehrt in Meiner großen Schöpfung sehr vieles was anderen unbewusst im Überfluss in den Schoß fällt.
Nicht ohne tieferen Grund bat Mich in jener Zeit das Volk diesen Taubstummen zu heilen, da es von dem Gedanken geleitet war, dass auch er Mein Wort vernehmen möge, und so sein Inneres mit einem großen Reichtum von nie geahnter Geistesfülle genährt, seine und auch Meine Mission auf Erden begreifen könnte.


Geistige Taub- und Stummheit

Wie viele Menschen haben noch jetzt ihr geistiges Ohr Meinen Lehren und der Sprache Meiner Schöpfung verschlossen, und für wie viele ist noch bis jetzt Meine ganze Schöpfung stumm und nur eine Zusammenhäufung von Stoff und Materie und von Gesetzen, die nach ihrer Meinung nur dem Zufall entstammen.
Wie vielen rufe Ich zu: Hephatha, d.h. tut auf eure Ohren, vernehmt den Jubelgesang Meiner ganzen Schöpfung, die vom kleinsten Teilchen bis zur größten Zentralsonne nur Liebe predigt. Macht auf eure Ohren und vernehmt den Geist Meiner Lehre, die euch zu etwas Größerem und Höherem erziehen will als bloß zu belebten, kräuter- und fleischfressenden Tieren, die nur mit größerem Verstand als die anderen Tiere begabt sind.
Täglich, stündlich, ja jeden Augenblick rufe Ich den Menschen zu und zeige ihnen durch jede Gemütsbewegung, durch jeden Gedanken und jede Idee die in ihrem Inneren entstehen, dass in dem körperlichen Tiermenschen ein höherer geistiger Mensch verborgen ist, der das Äußere so vergeistigen sollte, dass es dann eine würdige Umkleidung des Inneren werde, und seht, Tausende haben sich selbst zur Taubheit verdammt. Sie begreifen nicht, welch großer Schatz geistiger Seligkeit in Meiner Natur auf sie einwirken will, sie sind kalt und gefühllos bei diesen Eindrücken, an ihren tauben Ohren gehen alle geistigen Harmonien unbeachtet vorüber, und ihr Inneres bleibt leer oder ist nur von Eindrücken angefüllt, die aus dem niedrigsten Kreis der Materie oder der Sinnlichkeit herrühren, und sie zu Tieren statt zu Menschen stempeln.
Ihr Inneres ist leer, und weil sie nichts Geistiges in sich aufnehmen, so können sie auch anderen nichts Geistiges geben; nach ihrer Ansicht herrscht und besteht nur das Stoffliche, und das Geistige ist ihnen nur ein Hirngespinst.


Gott er- und bekennen durch Wort und Tat

Durch Meine Worte, die Ich euch nun schon viele Jahre lang zukommen lasse, rufe Ich Meinen verirrten Kindern wieder das Hephatha zu, lege Meine Finger in ihre Ohren um sie zu erwecken mit sanften Harmonien, ehe die ganze Natur mit Posaunenstößen ihnen ins Ohr tönen wird, dass sie dann merken werden, was sie jetzt auf friedlichem Weg nicht verstehen wollen.
Ich habe die Menschen nicht erschaffen um gegen alle Meine Worte taub zu sein, und habe Meine Schöpfung nicht mit so vielem Wunderbaren ausgerüstet, dass sie ihnen ein stummes Buch sein soll. Taub und stumm ist und soll Nichts sein in Meiner gesamten Natur. Alles was lebt soll vernehmen die Sprache seines Schöpfers, seines Vaters, Der mit den Eindrücken Seiner Schöpfungen die Seele der geschaffenen Wesen erfüllen will, so dass durch Mitteilung des Geschauten, Gehörten und Gefühlten Wonne und Glück das Leben vertiefen und bereichern.
Nichts in Meiner Schöpfung soll stumm sein, denn stumm ist so viel wie geistig tot. Jubelnd soll Mir alles bezeugen, dass es lebt, dass es sich des Lebens freut, und dass es in allem Geschaffenen seinen Schöpfer und liebenden Vater wiedererkennt. So soll die materielle Schöpfung die Unterlage des Geistigen sein, und die geistige Schöpfung das Materielle vergeistigen.
Taub oder stumm ist und soll nichts sein in der Schöpfung, am wenigsten der Mensch, der als letztes und höchstes Ergebnis materieller Schöpfung auf dieser Erde Mein geistiges Ebenbild in sich trägt.
Ich gab jenem Taubstummen das Gehör und die Sprache wieder, damit er höre was und wie alles in der Natur Mich lobt und preist, und damit er selber mit einstimmen könne in diesen Jubelgesang, und Mich als seinen Herrn, aber auch als liebenden Vater er- und bekenne.
Lasst auch ihr euch von Mir so wie jener Taubstumme heilen, damit ihr den anderen laut mit der Macht voller Überzeugung verkünden könnt, dass jene Taten und Wunder vor fast zweitausend Jahren verrichtet, geistig nur andeuten sollten was Ich mit der ganzen Menschheit im Sinn hatte als Ich sie schuf; Ich wollte und will nicht Taube und Stumme, sondern Menschen für Mein Reich erziehen, die offene Ohren haben sollen, Mich und Meine Schöpfung zu vernehmen, und eine beredete Zunge um laut zu verkünden: Hosianna in der Höhe! Heil Ihm, Der uns diese außerordentliche Gnade gab, Ihn zu hören und uns auch die Mittel verlieh das Vernommene wiederzugeben, damit es ein Gemeingut für alle werde, die Seine Kinder werden wollen.
Bringt Mir täglich diesen Lobgesang dar und beweist der Welt durch Wort und Tat, dass ihr während eures Erdenlebens weder taub noch stumm gewesen seid zu eurem Heil wie zum Heil eurer Mitmenschen. Amen.


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