Gottfried Mayerhofer - Predigten des Herrn - Gottfried Mayerhofer

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PREDIGTEN DES HERRN
- Originaltext nach der Erstausgabe von 1892 -
16.
Am vierten Fastensonntag

Die Speisung der Fünftausend
Johannes 6,1-15: Danach fuhr Jesus weg über das Meer an der Stadt Tiberias in Galiläa. Und es zog ihm viel Volks nach, darum dass sie die Zeichen sahen, die er an den Kranken tat. Jesus aber ging hinauf auf einen Berg und setzte sich daselbst mit seinen Jüngern. Es war aber nahe Ostern, der Juden Fest. Da hob Jesus seine Augen auf und sieht, dass viel Volks zu ihm kommt, und spricht zu Philippus: Wo kaufen wir Brot, dass diese essen? (Das sagte er aber, ihn zu versuchen; denn er wusste wohl, was er tun wollte.) Philippus antwortete ihm: Für zweihundert Groschen Brot ist nicht genug unter sie, dass ein jeglicher unter ihnen ein wenig nehme. Spricht zu ihm einer seiner Jünger, Andreas, der Bruder des Simon Petrus: Es ist ein Knabe hier, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische; aber was ist das unter so viele? Jesus aber sprach: Schafft, dass sich das Volk lagert. Es war aber viel Gras an dem Ort. Da lagerten sich bei fünftausend Mann. Jesus aber nahm die Brote, dankte und gab sie den Jüngern, die Jünger aber denen, die sich gelagert hatten; desgleichen auch von den Fischen, wieviel sie wollten. Da sie aber satt waren, sprach er zu seinen Jüngern: Sammelt die übrigen Brocken, dass nichts umkommt. Da sammelten sie und füllten zwölf Körbe mit Brocken von den fünf Gerstenbroten, die übrig blieben denen, die gespeist worden. Da nun die Menschen das Zeichen sahen, das Jesus tat, sprachen sie: Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll. Da Jesus nun merkte, dass sie kommen würden und ihn haschen, dass sie ihn zum König machten, entwich er abermals auf den Berg, er selbst allein.


Empfangen am 16. Februar 1872

Die damaligen Geschehnisse

Hier habt ihr eine jener Taten vor euch, die bei den Juden am meisten Aufsehen machten, und zwar so, dass die Augenzeugen derselben Mich zum König ausrufen wollten und Mich deswegen zwangen, ihren Absichten auszuweichen und Mich in die Einsamkeit auf den Berg zurückzuziehen.
Nun, diese Handlung war an und für sich für Mich als Herr und Schöpfer keine so große und wichtige wenn Ich es zuließ, dass die fünf Gerstenbrote und die zwei Fische aus den Stoffen der Luft stets ergänzt wurden, und zwar so, dass sie nicht nur zu Sättigung der Fünftausend hinreichten sondern von den Broten noch zwölf Körbe voll Brocken übrigblieben; aber für die Mich umlagernden Menschen war es wohl ein Wunder und ein schlagender Beweis Meiner göttlichen Abkunft und Meiner Macht. Es wurde aber das von den Juden nicht geistig sondern ihrem materiellen Interesse gemäß aufgefasst, und zwar so, dass sie Mich nach dieser Handlung zu ihrem König ausrufen wollten, was Mich veranlasste Mich von ihnen zurückzuziehen, denn erstens war das nicht der Zweck Meines Erdenwandels, zweitens war die Zeit Meines Erhöhtwerdens noch nicht da, welches Wort, so oft Ich es auch aussprach, ebenfalls von niemandem begriffen wurde, bis die Kreuzigung selbes erklärte und durch die Himmelfahrt auch die geistige Erhöhung in Erfüllung ging.


Führung der Menschheit auf den Berg der Erkenntnis

Ich will euch nun die geistige Entsprechung dieser Handlung erklären. Schon früher sagte Ich euch, dass Mein ganzer irdischer Lebenswandel, besonders aber Meine Lehrjahre und Meine während derselben gesprochenen Worte und geübten Taten sich bei Meinem künftigen Wiederkommen wiederholen werden, und zwar nicht materiell sondern geistig.
So ist auch diese Handlung eine derjenigen die in ihrer Entsprechung jetzt vor sich geht, denn was einst für die Fünftausend gegolten hat, das gilt jetzt für die Menschheit im Allgemeinen. Damals war Mein Wirkungskreis das Judenvolk und dessen Land, denn dieses war zu damaliger Zeit der für Meine Lehre vorbereitete und empfängliche Teil der Menschheit, weshalb Ich es für Meine Taten auswählte.
Jetzt, wo Meine Lehre über die ganze Erde ausgebreitet und wenngleich nur von wenigen befolgt und doch von vielen gekannt ist, jetzt muss auch jede Tat aus jener Zeit im erweiterten und geistigen Sinn sich wiederholen.
Seht, so wie Ich damals das Volk auf einen Berg führte, so führe Ich auch heute diejenigen, die Mich suchen und Mir folgen wollen, auf den geistigen Berg der Erkenntnis, von dem sie einen größeren Ein- oder Fernblick in Mein und ihr eigenes Wesen sowie in Meine Schöpfung tun können und sollen.
So wie damals ist auch heute das Passah-Fest nahe das an den Auszug aus Ägypten erinnern sollte, und in der Jetztzeit dem Auszug aus der Knechtschaft der Sünde in ein besseres gelobtes Land, das der göttlichen Liebeordnung entspricht, oder als Osterfest die Auferstehung vom geistigen Tod zu neuem geistigen Leben andeuten soll.


Speisung mit der Liebe-Lehre

Ich sehe in vielen den Hunger nach Wahrheit und Liebe und will sie speisen mit dem Brot des Lebens, doch will Ich, wie damals Meine Apostel, nun Meine wahren Kinder an der Sorge um das geistige Brot teilnehmen lassen, das Ich durch sie den Hungrigen verabreichen will um ihnen Gelegenheit zu geben in der Nächstenliebe immer mehr zu erstarken.
So wie Ich Mich damals eines Knaben bediente, der unter Meinem Einfluss stehend zum Zweck dieser Handlung fünf Gerstenbrote und zwei Fische mitnahm, so erwähle Ich auch heute zu Trägern Meiner geistigen Speise solche Menschen die vor den Augen der Welt als Unmündige, Nicht-Gelehrte oder als nicht maßgebende Persönlichkeiten gelten, indem Ich in diese Meinen Geist einfließen lasse.
Das Brot und die Fische, mit denen Ich die Mir Nachfolgenden speisen will, besteht in der Lehre von der Liebe zu Gott und zu den Nächsten, die Meine Kinder den geistig Hungrigen verabreichen und unter die Menschheit zu verbreiten suchen; und Ich segne diese Speise, damit nicht nur die Mich Suchenden davon gesättigt werden, sondern damit auch die Nächstenliebe sich derart in ihnen vermehre, dass für andere noch mehr aus ihnen erwächst als sie selbst empfangen haben.
So wie der Stoff zum Gerstenkorn aus der finsteren Erde sich zum Licht der Sonne erhebt die die Frucht zur Reife bringt, so zieht auch die Gottesliebe den materiell gesinnten Menschen aus der Finsternis seiner Leidenschaften zu höherem, reinerem Licht durch die Nächstenliebe, die statt der Sorge für sich selbst schöneren, geistigen Gefühlen und höheren Stimmungen Platz macht.
Nur in der Nächstenliebe kann der Mensch zeigen wie er Gott liebt, indem er alle Nebengedanken der Selbstsucht oder Eigenliebe aufgebend, sich mit allem Eifer nur dem Wohl des Nächsten widmet und bei seinen Handlungen nur immer denkt: Für dich und nicht für mich.


Der König kommt als Hirte zu den Seinen

So ist euch mit Meinen zwei Geboten der Liebe der Weg gezeigt den ihr wandeln sollt; und diese Gebote werden immer mehr Beachtung erfordern, und so wird endlich die Zeit kommen, wo Mich die ganze Menschheit zu ihrem König ausrufen wird; wo Ich Mich aber dann nicht wie einst verbergen und dem Wunsch Meiner Kinder ausweichen sondern in aller Macht und Herrlichkeit zu denen kommen werde, die Mich gesucht, für Mich gekämpft und Mich gefunden haben.
Noch mehr als einen König werden sie finden, sie werden einen guten Hirten finden, Der Seine Schafe dann in die Gefilde des Lichts führen wird wo jede Drangsal, die mit der Unvollkommenheit und dem körperlichen Leben verbunden ist, aufhört, und im ewigen Fortschreiten die zunehmende Gottes- und Nächstenliebe Wonne an Wonne, Seligkeiten an Seligkeiten reihen wird; und so wird, wie einst die fünf Brote und zwei Fische Meinen Zuhörern und Nachfolgern die körperliche Sättigung brachten, die geistige Speise, die in den zwei Geboten der Liebe enthalten ist und durch Befolgung derselben in euch aufgenommen wird, die geistige Sättigung Meiner vergeistigten Kinder bewirken. Amen.



Nachtrag: Die geistige Bedeutung der fünf Brote und zwei Fische


Aus der Dunkelheit zum Licht

Nun fragt es sich, da bei Handlungen eines Gottes alles eine tiefere Bedeutung hat und nichts zufällig so ist wie es ist, was haben die Gerstenbrote und was die Fische zu bedeuten, und warum waren es gerade fünf Gerstenbrote und zwei Fische?
Um euch die geistige Bedeutung der Gerstenbrote zu erklären muss Ich euch darauf hinweisen, dass das Korn woraus dieselben bereitet werden, aus dem Dunkel der Erde zum Licht der Sonne emporstrebt, und so das aus der Erde in sich Aufgenommene durch die Einwirkung von Feuchtigkeit, Licht und Wärme zur Frucht ausreift, die Frucht dann, geistige Elemente enthaltend, durch das Brotbereiten dazu geeignet wird, diese verfeinerten Erdstoffe in geistig höhere, in die des menschlichen Körpers umzuwandeln. Im Brot ist also eine Vereinigung des Materiellen der Erde mit dem Geistigen der Sonne.
Die Fische sind Produkte des in das Wasser gelegten Lebensstoffes, zu lebenden Wesen ausgeboren. Den leicht beschwingten Vögeln in der Luft entsprechen auch die flüchtigen Fische im Wasser.
Wie das Gerstenkorn als Brot geeignet ist, aus der Erde stammende Stoffe dem menschlichen Körper zuzuführen, so bietet der Fisch die aus dem Wasser stammenden materiellen Stoffe demselben als Nahrung dar, nur muss letzterer zuvor an der Sonne gedörrt oder durch Feuer geläutert werden um als menschliche Nahrung zu dienen. Sowohl durch das Brotbacken wie durch das Kochen, Braten oder Dörren der Fische werden die überflüssigen wässrigen Bestandteile entfernt, bevor sie als Nahrung dem Menschen gesund und nützlich sein können.


Die Bedeutung der Zahl Sieben

Nun wollen wir eine Betrachtung darüber anstellen, warum es gerade der Zahl nach fünf Brote und zwei Fische waren.
Wenn ihr diese beiden Zahlen zusammenzählt, so erhaltet ihr die Zahl Sieben, eine bedeutungsvolle Zahl, die mit der Zahl Drei einen wichtigen Faktor bei der Schöpfung und Erhaltung des Geschaffenen ausmacht. Die Zahl Sieben wie die Zahl Drei sind auch Grundzahlen Meines Gottwesens. Ihr könnt euch auch die Zahl Sieben so vorstellen, dass die Zahl Vier die Mitte bildet, und auf jeder Seite drei Zahlen gruppiert sind, d.h. die Zahl der göttlichen Dreieinigkeit. Drei ist in der göttlichen Vollzahl Sieben zweimal enthalten. Darum nennt ihr auch die Siebenzahl die Mein geistiges Ich in Seiner vollen Wesenheit ausdrückt, die heilige Zahl.
In jedem geschaffenen Wesen außer Luzifer ist nur die Dreizahl vertreten, die in Meiner Gottheit zweimal enthalten ist, und außerdem eine unerreichbare Mittelzahl Vier, die nur in Mir und in Meinem Gegenpol ist.
Die geschaffenen Wesen können wohl in ihrer höchsten Vollkommenheit die Dreizahl voll darstellen wie die Engelsgeister, aber die Gottheit können sie nie erreichen, wie aus dieser Betrachtung der Zahlen ersichtlich ist.
Diese Siebenzahl findet ihr aber in den Farben des Regenbogens wie auch in den sieben Grundtönen der Musik wieder, und Ich will euch den Grund davon andeuten. In den sieben Regenbogenfarben sind die sieben göttlichen Eigenschaften des Schöpfers dargestellt, und in den sieben Grundtönen die sieben harmonischen Grundgesetze des geistigen Lebens. Ein Mehreres ist euch nicht nötig zu wissen.


Die Grade der Gottes- und Nächstenliebe

Wollt ihr nun die Siebenzahl der Brote und Fische in Worten ausgedrückt lesen, so heißen diese Worte: Liebt Gott mehr als alles und den Nächsten wie euch selbst.
Die ersten fünf Worte „Liebt Gott mehr als alles“ bezeichnen die Gerstenbrote, die den Menschen geistig nähren und ihn zum höheren geistigen Sein auszeitigen sollen, wovon die drei „mehr als alles“ den Grad der Gottesliebe, die letzten drei „wie euch selbst“ das Maß der Nächstenliebe bezeichnen. Die Worte „als alles“ und das Bindewort „und“ aber bezeichnen den Mittelpunkt der Liebe, d.h. mehr als alles soll die Liebe zu Gott sein, die aber nur durch die Verbindung mit den nächstfolgenden zwei Worten „den Nächsten“ ausgeübt werden kann. Ihr könnt Mich als Gott nicht lieben ohne die Nächstenliebe auszuüben, ihr könnt Mich nicht „mehr als alles“ lieben, wenn ihr euren Nächsten nicht „wie euch selbst“ liebt.
So mögen die ersten drei Worte „Liebt Gott mehr“ erreicht werden so wie die drei letzten „wie euch selbst“, aber die drei mittleren Worte „als alles und“ bezeichnen die Unerreichbarkeit, denn, obwohl ewiges Fortschreiten möglich ist, so rückt die Frage, was ist „alles“ und wo hört die Nächstenliebe auf, das Endziel in unerreichbare Ferne, denn es liegt im Mittelpunkt der Gottheit.
Ich allein stelle diese Liebe dar, Ich allein bin der Inbegriff des „alles“. In seiner ganzen Fülle und Unerreichbarkeit seht ihr die Liebe zum Göttlichen losgelöst von Meiner Person, sowie die Nächstenliebe als Bruder- und Vaterliebe allein in Mir vereint.


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