Gottfried Mayerhofer - Predigten des Herrn - Gottfried Mayerhofer

Direkt zum Seiteninhalt
PREDIGTEN DES HERRN
- Originaltext nach der Erstausgabe von 1892 -
12.
Am siebten Sonntag nach Weihnachten

Die Heilung eines Blinden
Lukas 18,35-43: Es geschah aber, da er nahe an Jericho kam, saß ein Blinder am Weg und bettelte. Da er aber hörte das Volk, das hindurchging, forschte er, was das wäre. Da verkündigten sie ihm, Jesus von Nazareth ginge vorüber. Und er rief und sprach: Jesu, du Sohn Davids, erbarm dich mein! Die aber vornean gingen, bedrohten ihn, er sollte schweigen. Er aber schrie viel mehr: Du Sohn Davids, erbarm dich mein! Jesus aber stand still und hieß ihn zu sich führen. Da sie ihn aber nahe zu ihm brachten, fragte er ihn und sprach: Was willst du, dass ich dir tun soll? Er sprach: Herr, dass ich sehen möge. Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube hat dir geholfen. Und alsbald ward er sehend und folgte ihm nach und pries Gott. Und alles Volk, das solches sah, lobte Gott.


Empfangen am 21. Januar 1872

Von der geistigen Blindheit

Hier habt ihr ein Beispiel, wo der feste Glaube eines Blinden an Meine Allmacht, selbem das Licht der Augen wiedergegeben hat. Wie viele Blinde gibt es jetzt auf der Erde, die alle des Lichtes sehr nötig hätten, und doch sind unter ihnen nur wenige, die den Drang haben das Augenlicht wieder zu erhalten. Die meisten sind mit ihrer geistigen Blindheit zufrieden, und haben sich an selbe wie Blindgeborene gewöhnt, indem ihnen der fein ausgebildete Tastsinn den Gesichtssinn ersetzt. Sie sind eben deshalb mit ihrer Lage zufrieden, weil sie keine bessere kennen; sie bedauern nicht den Mangel ihres Gesichtssinns, weil sie keinen Begriff von dem haben, was eigentlich Licht und seine Wirkung ist; durch Erziehung und Umstände erfuhren sie nie etwas von einem geistigen Licht, von einer höheren Auffassung des Materiellen; sie glauben, alles sei Materie und die Materien- oder Körperwelt sei die eigentliche Welt; aus Materie werde alles ausgeboren und zur Materie kehre alles wieder zurück.
Auf Kosten des geistigen Gesichtssinns, der ihnen mangelt, haben sich, wie das auch bei den körperlich Blinden geschieht, die anderen Sinne, besonders der Tastsinn, bei ihnen stärker entwickelt, und so glauben sie gewöhnlich nur das, was sie mit ihren körperlichen Sinnen zu berühren und zu untersuchen vermögen.
Zu diesen Stockblinden gehören auch jene Gelehrte und Naturforscher, die sich selbst um den letzten Funken geistigen Lichts durch die verkehrte Richtung ihres Studiums gebracht haben. Manche von ihnen wollten blind sein, weil ihre Denk- und Handlungsweise die Beleuchtung durch das Licht der Wahrheit scheuen muss.
Außer diesen mit ihrer Blindheit Zufriedenen gibt es auch noch Blinde die sehend werden möchten, das sind solche, die wie blinde Bettler am Lebensweg sitzen und die Vorübergehenden wenn sie deren durch das Geräusch gewahr werden, um geistige Nahrung bitten, damit ihre Blindheit entweder erträglich oder gar geheilt werde.
Solche Blinde sind jene Menschen, die in ihrem Leben auf manches gestoßen sind was sie zum Nachdenken veranlasste, die darüber gern Bescheid oder Licht haben möchten, aber sich selbst nicht von dieser Finsternis befreien können. Es sind jene, die noch dem zeremoniellen Kultus huldigen, in denselben mehr Wert legen als er hat, aber bei manchen Fällen wohl doch fühlen, dass es noch etwas Höheres, Geistigeres geben muss, was ihnen erst einen eigentlichen Trost geben könnte in Fällen, wo sie die menschliche Weisheit im Stich lässt.
Diese Menschen sind es, die am Lebensweg, auf dem alles fortschreiten soll, ihrer Blindheit wegen sitzen bleiben, und die an ihnen im geistigen Flug Vorüberrauschenden um ein geistiges Almosen bitten, damit sie sich auch aufschwingen können von dieser Erdenscholle. Manche wandeln diese große Heerstraße des geistigen Fortschritts, aber nicht alle können oder wollen einem solchen Bettler ein Almosen reichen, sondern nur einzelne sind es, die den Begriff Nächstenliebe schon tiefer erfasst und verstanden haben.
So können diese Bettler nur kümmerlich ihr Leben fristen, weil niemand den Bittenden so recht geben kann was sie eigentlich bedürfen, nämlich ihr geistiges Augenlicht.
Damit aber eben diesen nach dem Wahrheitslicht sich Sehnenden endlich einmal ihre Bitte erfüllt werde, so habe Ich Mich Selbst auf den Weg gemacht, um diejenigen von ihrer Blindheit zu befreien, die schon lange Meiner harrend mit unerschütterlichem Vertrauen abwarten bis Ich Selbst, der große Lichtbringer und Augenarzt, ihnen das in ganzer Fülle geben würde was ihnen andere nur unvollkommen darreichen konnten.


Das Licht der Neuoffenbarung bringt alt-verkehrte Religionsansichten zum Einsturz

So wie der Bettler bei Jericho Mich von weitem anflehte: Jesus, Du Sohn Davids, erbarme Dich Meiner, so rufen in ihrem Seelendrang auch jetzt Mich manche an in vollem Vertrauen, dass Ich ihr Flehen erhören werde; und diesen kann Ich dann auch Mein ganzes Gnadenlicht geben, denn ihr Glaube hat ihnen geholfen.
Diejenigen, die fest überzeugt sind, dass Ich Der bin, Der ihnen geistiges Licht geben und sie den wahren Weg zur Erlangung der Seligkeit führen kann, diese mache Ich auch sehend und lege ihnen die Worte ins Herz: Sei sehend, dein Glaube hat dir geholfen.
Solche Blinde wart ihr alle Meine Kinder, die Ich aus vielen erwählt habe weil ihr Mich schon längst gesucht und den Drang und das Bedürfnis nach Mir in euch erweckt und erkannt habt, dass das euch angelernte Glaubenswesen der christlichen Religion nicht ausreiche, um für alle Fälle des menschlichen Lebens den rechten Trost zu geben.
Ich ließ euch manche bittere Erfahrung machen um euch desto eher von den verkehrten Ansichten abzubringen, die die Welt in euch hineingelegt hatte. Ich erzog euch durch Herbeiführung von Umständen verschiedener Art zu jenen Vorkämpfern Meiner Lehre, wie sie jetzt bald auf der ganzen Erde als einzig richtige anerkannt werden soll, die nicht allein durch Worte, sondern auch durch Taten zu belehren befähigt sein sollen.
Einzelnen von euch gab Ich die Fähigkeit, Meine Stimme direkt in ihrem Inneren zu vernehmen, damit ihr die reine Lehre wie Ich selbe einst Meinen Aposteln gab, von den falschen Einstreuungen unterscheiden lernt.
Einst musste Ich Mein Wort in Gleichnisse und geheimnisvolle dunkle Aussprüche hüllen, weil Ich wusste, was die nachfolgende Generation mit Meinem Wort machen würde. Der Kern Meiner Lehre blieb so unangetastet, während Unverstand und Eigennutz sich bemühten selben zu vernichten, nagte man bloß an der äußeren Schale herum.
Aber jetzt, wo die Menschheit im Allgemeinen reif geworden und fähig ist, ein höheres Licht aufzunehmen, jetzt, wo man das aufgeführte Religionsgebäude untersucht, und statt einzelnes Falsches, Morsches und Unbrauchbares auszuschalten, lieber das ganze Gebäude samt seinen Bewohnern über den Haufen werden möchte, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo die bis dahin Blinden sehend gemacht werden können und fähig sind, das Licht zu empfangen und zu erkennen, dass das selbe längst auf sie in Fülle herabströmte.
Der geistige Wein der Wahrheit, der in den früheren Lebensaltern der Menschheit noch durch Missbrauch hätte Schaden anrichten können, wird dieselbe nun in ihrem Greisenalter stärken und beleben.
Jetzt ist die Zeit gekommen, wo das Jericho, d.h. die große Festung der Priesterherrschaft samt den künstlich aufgeführten Wällen durch die Posaunenstöße Meiner göttlichen Lehre zerstört werden wird, damit auch den hinter diesen Mauern Eingeschlossenen die freie Aussicht gegeben werde, über das Tal des Jordans, in dessen Wellen Ich Mich einst taufen ließ, und wo die Stimme aus den Himmeln erscholl: Dieser ist Mein vielgeliebter Sohn, an Dem Ich Mein Wohlgefallen habe.


Lichtverbreiter werden

Lasst auch ihr euch jetzt durch Mein Wort und Mein Licht im Fluss Meiner unversiegbaren Gnade taufen, damit Ich auch über euch ausrufen kann: Ihr seid Meine geliebten Kinder, an denen Ich Mein Wohlgefallen habe; denn ihr sollt diejenigen sein, die, getauft mit dem Heiligen Geist, an Meiner Statt den am Weg des Lebens euch ansprechenden Blinden die Augen öffnen sollt.
Bereitet euch vor, würdige Kinder eures Gottes und Vaters, und würdige Schüler und Nachfolger eures Lehrers und Versöhners am Kreuz zu sein, Der mit großen, hellleuchtenden Buchstaben weit über alle Räumlichkeiten hinaus Seine zwei Liebesgebote in alle Schöpfung eingezeichnet hat.
Bereitet euch vor Licht zu verbreiten, wo Blinde euch um selbes anflehen, damit auch sie der Gnade teilhaftig werden mögen recht bald zu erkennen, dass Ich der Schöpfer, Herr und Vater alles Daseienden bin, Der den Bittenden nie etwas abschlägt, wenn es zu ihrem geistigen Wohl ist um was sie bitten; Der gerne den Blinden die Augen öffnet, damit sie ihren Vater in der einfachen Gestalt des Zimmermanns Jesus und in der Herrlichkeit des Schöpfers erkennen und würdigen mögen. Amen.


Zurück zum Seiteninhalt