Gottfried Mayerhofer Bedeutung der Fußwaschung - Gottfried Mayerhofer

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Zur Fußwaschung
Da sprach Petrus: „Nimmermehr sollst Du mir die Füße waschen.“
Jesus antwortete: „Werde Ich dich nicht waschen, so hast du keinen Teil an Mir!“

Johannes 13,8


Dieser Text aus dem Evangelium Meines Lieblings erinnert euch zugleich auch an die in der Kirche eingeführte Zeremonie des Fußwaschens, wo zwar die höchsten Kirchenfürsten, Kaiser und Könige diese Zeremonie, eben weil es Gebrauch ist, mitmachen; aber den eigentlichen Sinn der Demütigung, der darin liegt, nicht im Mindesten dabei im Herzen tragen.
Aber neben dem Sinn, den Stolz der Oberen zu demütigen und ihre Untergegebenen als ihre Brüder zu betrachten, liegt noch ein ganz anderer und zwar geistiger Sinn in diesem eben angeführten Text; nämlich das, was Ich sagte: „Ungewaschen kommt niemand ins Himmelreich!“
So wollen wir aber den eigentlichen Akt des Fußwaschens mehr ins Auge fassen, damit ihr zuvor den weltlichen, dann den seelischen und endlich den geistigen Sinn davon begreifen mögt! Es liegt wohl noch ein tieferer, der himmlische in ihm, allein den wollen wir für jetzt unberührt lassen.
Das Fußwaschen war und ist noch im Orient Sitte, und hat den Grund, um beim Eintritt in ein fremdes Haus selbes nicht zu verunreinigen; und so war es Höflichkeitssitte, dass man jedem Fremden, der in ein Haus eintreten wollte, ehe man ihm in die Wohnzimmer den Eintritt gestattete, selbem in der Vorhalle ein Becken mit Wasser hinstellte, um seine bestaubten oder schmutzigen Füße zu reinigen.
Manchmal bei Wohlhabenderen oder Reichen fügte man zu dem Wasser auch wohlriechende Öle hinzu, die dann als besondere Auszeichnung der Verehrung für den Angekommenen galten. Dasselbe könnt ihr lesen, wo in verschiedenen Gelegenheiten auch Mir während Meines Erdenwandels die Füße mit Öl gesalbt wurden, als Zeichen von besonderer Verehrung für Meine Person. Auch gab man den Fremden Wasser und Öl zur Waschung und Salbung der Brust und des Hauptes. Wir wollen aber einstweilen bei diesem ersten Akt der Fußwaschung stehen bleiben.
Was ist eigentlich der Fuß beim menschlichen Körper, und was bedeutet er in geistiger Hinsicht, damit die Fußwaschung wie jeder Akt, den Ich als Jesus ausgeübt, auch eine höhere und geistige Bedeutung und Deutung erhält.
Seht, der Fuß hat zweierlei Bedeutungen, erstens ist er die Grundbasis des menschlichen Körpers und seine Pfeiler, auf denen der Mensch aufrecht stehen und sich bewegen kann, und zweitens ist er der unterste Teil und außer wenigen Eigenschaften der ungeschicktere Teil, abgesehen von der Fußkünstlerei, wo ihr tolle Menschen den Füßen Bewegungen aufzwingt und erlernt, die unter dem Namen der Tanzkunst im höheren Styl der Sinnlichkeit den rechten Stoff und die beste Nahrung geben, aber auch den breitesten Weg für euch und die Eurigen zur Hölle. Doch das lassen wir bei Seite; denn es ekelt Mich an, daran zu denken, noch viel mehr davon zu sprechen.
Also wollen wir den Fuß als das unterste, sogenannte weniger intelligente oder wissensloseste Glied des Körpers betrachten, so steht ihm gleichbedeutend geistig der ganze menschliche Körper in Bezug auf Seele und Geist gegenüber.
Sobald ihr also Mein Haus oder das Himmelreich betreten wollt, so muss auch bei euch euer Fuß, d.h. euer Körper von Schmutz und Staub, d.h. von Leidenschaften und Lastern gereinigt werden, weil er nur so die Empfänglichkeit der Seele für Höheres und Geistiges zulässt. Denn solange der Körper mit seinen Leidenschaften vorherrscht, kann die Seele zu ihrem besseren Bewusstsein nicht gelangen, ja sie wird von selbem oft so unterjocht, dass sie aufhört, Seele zu sein, und ganz in den Körper übergeht, d.h. ganz materiell wird.
Die weitere Bedeutung des Fußes als Stütze des Körpers entspricht dann ganz genau dem, dass der Körper selbst als Stütze der Seele seine eigenen Leidenschaften unterjochend einem höheren Prinzip, erst dann tauglich für die Seele wird, wann er sich durch die Seelen-Eigenschaften vergeistigen lässt, und so ihre Stütze wird, um endlich ganz gereinigt in der anderen Welt als ihre Umkleidung und als Mittel zum Weiterschreiten zu dienen.
Dass also beim Eintritt in Mein Haus die geistigen Füße gewaschen sein müssen, d.h. rein und von allen Leidenschaften frei, versteht sich von selbst; denn in Meine Himmel kann nur Reines eingehen. Was aber das Waschen betrifft, inwiefern Ich dem Petrus und Meinen Jüngern die Füße wusch, dadurch wollte Ich ihnen als oberster Herr mit dem Beispiel vorangehen, indem Ich ihnen dadurch zeigte, dass nur der der Oberste zu sein verdient, der auch das letzte und unwürdigste Geschäft, sonst nur den Sklaven überlassen, mit Freuden seinen Brüdern und Nebenmenschen erweisen kann. Ich wollte ihnen damit auch sagen und zeigen, dass der der Oberste ist, der auch der Niedrigste zu sein nicht verschmäht.
Eine fernere Bedeutung, als Ich zu Petrus sagte, dass „wenn Ich dich nicht wasche, du keinen Teil an Mir hast“ ist nämlich die, dass wenn Ich nicht Selbst alles Mögliche tue, um euch rein nach Meinem Sinn zu machen, ihr nicht Teil an Mir und natürlich auch nicht an Meinem Reich haben könnt. Leider muss Ich bei den meisten Menschen die schmutzigste Wäsche Selbst übernehmen; denn ehe die Menschen nicht den ganzen Prozess einer oft gewaschenen Wäsche durchgemacht haben, werden sie selten freiwillig rein.
Um nun das auch noch bildlicher darzustellen, so will Ich euch das ganze Verfahren der Wäsche einzeln vorerzählen. Das Erste ist, eine schmutzige Wäsche oder ein schmutziges Kleid wird ausgezogen, und da es so nicht ferner brauchbar ist, in einen Winkel geworfen oder in einer Kammer aufbewahrt; denn bevor sie nicht wieder rein ist, zieht sie der Eigentümer nicht an.
Was tut die Seele, die nach Höherem strebt wohl anderes als das? Der Körper mit Leidenschaften gespickt, ist dem Geist ein Gräuel, und der Seele eine Last; sie möchte ihn ablegen, und nimmer mit ihm zu tun haben, als bis er rein und tauglich zur Aufnahme höheren Lichtes ist. Die Wäsche kommt dann in ein Wasser oder eine Lauge und wird nun mit Seife getränkt; mit Bürsten, Händen oder Hölzern derb verarbeitet, bis sie alles Schmutzige von sich hat fahren lassen.
Was geschieht dem Körper, der seinen eigenen Leidenschaften frönt, und selbe zum Hauptzweck seiner Existenz macht? Er wird von Mir, so er nicht mehr brauchbar ist, mit Krankheiten, Unglück und sonstigen Plagen so lange gequält, bis er aus Not alles fahren lassen muss, welches ihn untauglich machte, ein eigentliches Kleid der Seele zu sein!
Sobald die Wäsche so weit gediehen ist, wird selbe dann der Sonnenwärme und ihrem Licht ausgesetzt, auf Rasen gebreitet und getrocknet.
Was tue Ich, sobald der Körper tauglich wird, der Seele ein rechtes Kleid zu werden? Seht, Ich lasse auch in ihn, obwohl er nur ein Organ der Seele ist, die Wärme Meiner Gnadensonne einfließen; er wird dadurch geschmeidiger und eher geeignet, den Wünschen der Seele nachzukommen.
Sodann wird die Wäsche unter heißem Stahl geglättet, um ihr die letzte Politur zu geben, und selbe im Schrank dann bis zum ferneren Gebrauch aufgehoben.
So mache Ich es auch, wenn Ich den Körper recht durchgebleut und geknetet habe, dass er ganz willig seinem Geist folgt; sodann werden durch die Wärme, welche von der Seele und dem Geist auf ihn einströmt, seine letzten Schlacken entfernt, er wird schön, ja schöner als er vorher war, und drückt dann auch als Bild die Eigenschaften seiner innewohnenden Seele aus; denn er ist vergeistigt und geeignet, mit der Seele in Meine Himmel einzugehen.
Ihr seht, Meine lieben Kinder, wie Ich das Waschen verstehe, und wie Ich euch alle schon mehrmals unter der Beize gehabt habe, damit ihr einst mit vergeistigtem Leib in Meinen Himmeln ankommen mögt; deswegen sagte Ich auch zu Petrus: „Wen Ich nicht gewaschen habe, der hat keinen Teil an Mir!“
Haltet euch also nicht auf, wenn Ich auch euch öfters wasche, ja bei jeder Wäsche, statt sie zu vermeiden, bittet um eine größere, damit ihr einst ganz rein und geglättet bei Mir ankommen und in Meiner Nähe verbleiben könnt, und dann werdet ihr noch besser begreifen, was es heißen will: „Ein Ungewaschener kommt nicht zu Mir in Meine Himmel!“ Amen, Amen, Amen!


Quelle: Karwoche-Betrachtungen in sieben Worten, Neu-theosophische Schrift Nr. 32a,  Kundgabe vom 3. Juni 1870


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