Gottfried Mayerhofer Ehe und Familie - Gottfried Mayerhofer

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EHE UND FAMILIE

Über Heiraten von heute
Deine Schwester hat dich gebeten, ehe sie in ihr neues Lebensverhältnis eintritt, dass Ich ihr ein paar Worte mitgeben soll, welche ihr im Notfall als Trost und auch als Mahner zugleich dienen sollen, um von dem jetzt betretenen Weg nicht abzuweichen.
Nun, weil Ich das Herz deiner Schwester kenne, und ihr Wille gut und aufrichtig ist, so will Ich auch ihr angedeihen lassen, was fast allen aus deiner kleinen Gesellschaft zuteil geworden ist. Nun so höre denn, Meine liebe Tochter:
Du bist jetzt gerade um eine Illusion ärmer und stehst am Punkt um eine Erfahrung zwar anderer Natur, reicher zu werden. Ich weiß, es hat dich schmerzlich berührt, dass aus deinem Heiratsprojekt nichts geworden ist, allein Ich muss es dir sagen, dass Ich es so vorausgesehen, und es ebenso zugelassen habe, dass dieser Mann, mit dem du dich auf Lebensdauer zu verbinden gedachtest, die Maske der Heuchelei früher fallen ließ als erst später, wo es dir kummervolle Tage und Nächte bereitet hätte.
Du kennst die Welt und auch Meine Absichten nicht; Ich wollte dich retten, und dich nicht mit solchen harten Prüfungen in Meine Nähe ziehen wie sie in diesen Verhältnissen dich erwartet hätten; Ich wollte dich auf dem jetzt betreten Weg erhalten und nicht verlieren; und wenn du vielleicht dein Schicksal anklagen möchtest weil deine Wünsche nicht erfüllt wurden, so sei versichert, du wirst die Hand noch segnen, die die Umstände so geordnet hat, dass du nur eine bittere Erfahrung gemacht, statt dass im Fall der Verwirklichung deiner vorgehabten Idee hunderte von Unannehmlichkeiten und Enttäuschungen auf dich gewartet hätten.
Weißt du Mein Kind, warum Ich so oft solche Ehebündnisse, die entweder auf Interesse oder sinnliche Gelüste gebaut sind, zulasse? Sieh, das will Ich dir erklären.
Nach Meiner Idee gibt es in der ganzen Schöpfung keinen dauerhaften Verband irgendwelcher lebenden Wesen, wenn derselbe nicht auf reiner Liebe gegründet ist, denn nur aus solchem Bündnis kann auch wieder geistiges Produkt, den Eltern und Mir würdig, hervorgehen, anders nicht.
Nun wegen dieses vorangeschickten Satzes oder Gesetzes in Meiner Schöpfung kannst du dir vorstellen, dass Ehebündnisse ohne Liebe Mir nie recht sein können, denn sie laufen Meinen Gesetzen zuwider; und doch siehst du in der ganzen Welt mehr Bündnisse des Interesses als der Liebe.
Du wirst Mich nun fragen, warum lasse Ich denn solche zu? Sieh, auf diese Frage antworte Ich dir: Die meisten Mädchen, die ihre ganze Jugend mit unnützem Zeug, mit Putz und Vergnügungen vertändeln und vergeuden, und deshalb nie Zeit haben, einen ernsten Gedanken zu fassen oder an Mich zu denken, solche Mädchen, denen am Ende alle diese Vergnügungen, wohin sie ihre dummen Eltern führen, nicht genügen, glauben, im Ehestand erst recht im vollen Taumel fortleben zu können.
Zu ihren gesteigerten Bedürfnissen und Vergnügungen brauchen sie natürlich Geld und wieder Geld; deswegen muss ein Mann in jetziger Zeit viel Geld besitzen, alles andere gilt nichts. Um diesen Preis verkaufen sich nun diese vergnügungssüchtigen Mädchen an einen Mann, ob er sie liebt oder nicht. Auch glauben sie auf diese Art der Hand ihrer Eltern zu entwischen, und träumen von ganz neuen noch nicht gekosteten Freuden.
Die Männer auf der anderen Seite kennen das Nimmersatt der Weiber, wissen gar wohl, dass, um diese vielen Wünsche einer Frau zu bestreiten, ebenfalls Geld und viel Geld nötig ist, und trachten daher, dass die Frauen ihre eigenen Wünsche auch mit eigenem Geld bezahlen; daher sucht der Mann ebenfalls nur Geld, und betrügt so sich und das Mädchen, welches er auf Lebensdauer an sein Schicksal binden will.
Sieh, solche Mädchen lasse Ich dann in ihrem Taumel den letzten dummen Streich begehen, weil sie auf keine andere Weise für Mich zu retten sind; nach den ersten Wochen fangen dann schon an häusliche Gewitterwolken aufzuziehen, eine Enttäuschung kommt um die andere, andere zuvor nicht gekannte Unannehmlichkeiten vermehren den Missmut, und wenn der Ehestand auch für diese verirrten Kinder manches Vergnügen hat, so sind selbe durch die bitteren Stunden in den Hintergrund gedrängt, und statt lachend sitzt dann das enttäuschte Weib unter Weinen und Trauern im einsamen Kämmerlein; dann erkennen sie meistens alle, aber leider zu spät, was sie getan und was sie geopfert haben, und wie wenig diese Opfer beachtet werden.
Sieh, Mein Kind, solche Dinge wären auch dir in den Garten gewachsen; auch du hättest Enttäuschungen und bittere Erfahrungen machen müssen, und da wäre nur Trennung oder Tod das einzige Hilfs- oder Linderungsmittel gegen deine Leiden gewesen.
Nun, aus dieser Falle wollte Ich dich retten, und so bist du wieder frei, und wenn du klug bist und Vertrauen zu Mir hast, kannst du warten, bis Ich dir schon den rechten Mann in den Weg schicke, der dir dein Los erträglicher machen und dich entschädigen wird, teils für den ersten Verlust, teils für die jetzt noch bevorstehenden Prüfungen.
Du trittst jetzt in andere Verhältnisse ein als du dir früher gedacht hast; auch hier musst du deinen Eigenwillen anderen Menschen unterordnen, jedoch hast du den Vorteil,  dass, behagt dir dieses Haus nicht, du selbes verlassen und eine andere Stellung suchen kannst, was bei einem Ehebündnis nicht möglich ist.
Bedenke dieses, wen Ich liebe, den prüfe Ich. Du wirst noch manches dulden und manches erleiden müssen, jedoch nicht von so schwerer Art, ja, wenn du dich in Meine Arme wirfst, vermagst du alles leichter zu ertragen, als wenn du es auf deine eigenen Schultern laden wolltest.
Manche Versuchungen werden an dich heranrücken, die du mit Meiner Hilfe siegreich abwehren kannst; daher vertraue auf Mich! Ich rettete dich vor einer Gefahr, lehrte dich Mein Wort kennen wo so manches Mittel darin enthalten ist, gegen alle Gefahren der Welt, lese es oft, und benütze weise, was davon in deinen neuen Dienstverhältnissen anwendbar ist, und du wirst mit Ruhe und Resignation der Zukunft entgegensehen; das Andere aber lass Mir über; Ich habe durch Umstände dich in dieses neue Verhältnis gebracht, und wenn es an der Zeit ist, werde Ich dich auch wieder dort wegnehmen, um in besseren Verhältnissen Mir und deinem Nächsten dienen zu können.
Vertrau nur fest auf Mich! Es geschieht nichts ohne Mich und Meinen Willen; alles, was dir daher begegnen möchte, lade es auf Meine Schultern, und Ich will das kleine Kreuz auch für dich tragen, es genügt, dass du stets bei Mir bleibst und Mich vor allem recht lieb hast, und diese Liebe durch gute Werke beweist.
Ich segne dich und sei versichert, solange du Meinen Segen verdienst, wird er dir auch teilhaftig werden. Amen.


Quelle: „Allgemeine und besondere Lebenswinke für innere und äußere Verhältnisse und Zustände“, Neu-theosophische Schrift Nr. 39, Kundgabe v. 17. Februar 1871


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