Gottfried Mayerhofer Das göttliche Diktat - Gottfried Mayerhofer

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DIE GEISTERWELT

Der geistige Prozess im Menschen
beim Empfang des Diktats des göttlichen Worts
„Dieses ist die zweite Frage, welche Deine kleine Gesellschaft interessiert, weil sie teils wissen möchte, wie dies geschieht um auch auf sich selbst aufmerksam zu sein, wenn eine andere Stimme in ihrem Inneren Dinge sagt, die nicht auf eigenem Grund gewachsen sind, und teils, weil sie von verschiedenen Medien und Schreibern diesen geistigen Einfluss verschieden beschreiben gehört haben, so drängt es sie jetzt, eine Aufklärung zu bekommen, welche geistige Mitteilung ist die rechte und die beste?
Nachdem Ich Selbst im letzten Diktat diesen Punkt berührt habe, so will Ich auch in dieser Hinsicht das Nähere darüber sagen, dass ihr alle Meine Mitteilungen sowohl, als auch den, durch welchen Ich sie gebe, richtiger schätzen und verstehen könnt.
Vor allem muss Ich aber erst eine Seelenlehre oder psychologische Untersuchungen vorausschicken, damit ihr den Bau und Zusammenhang eurer Dreieinigkeit, d.h. von Geist, Seele und Leib besser verstehen lernt, und dann wollen wir erst auf den Ausnahmefall übergehen, der eintreten kann, wenn diese menschlichen Bestandteile so geläutert und feinfühlend in ihrer geistigen Region geworden sind, dass sie Dinge vernehmen, oft hören und auch sehen können, zu welchen dem gewöhnlichen Menschen die Wege verschlossen sind.
Nun also: Ihr werdet euch erinnern an das Wort über die Dreieinigkeit, worin Ich euch Meine Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit erklärt habe, jetzt muss Ich euch aber die eure näher ins Licht stellen, dass ihr doch auch etwas näher erkennen mögt, aus was ihr selbst zusammengesetzt, und was in euch das Edelste ist. Also, wie Ich gesagt habe, ihr besteht aus drei Dingen, d.h. aus Geist, Seele und Leib. Der Geist als der Funke aus Mir, welcher euch gegeben ist, um durch ihn Selbsterkenntnis und das Bewusstsein zu erhalten, dass ihr nicht nur allein für diese Erdscholle erschaffen seid, dieser Geist, schon vor der Geburt in euch gelegt, verhält sich latent oder passiv, und lässt die Seele ruhig ihren materiellen Körper aufbauen, stört sie auch später nicht, wenn der Aufbau vollendet, und der Mensch in das reifere Alter getreten ist. Nur dann und wann gibt er sich aus dem Zentrum des Herzens kund, wenn die Seele so ganz zum Tierischen sich hinneigt, und da ist es zunächst nur ein ungewisses, dunkles Ahnen, welches die Seele beschleicht bei manchen Taten, wo sie dann fühlt, dass sie nicht ihrer Bestimmung gemäß handelt. Der Geist ist ausgebildet, braucht keine Erziehung und keine Bildung. Das alles ist nur Sache der Seele, welche erst erlernen muss, nach und nach den Körper abzurichten, um ihr in dem Erlernten behilflich zu sein, besonders bei Dingen, bei denen sie den Mechanismus desselben nicht außer Acht lassen kann.
Der Geist fängt erst an aus seiner Hülle herauszutreten, wenn die Seele sich schon von den weltlichen Dingen abgewendet hat, dass sie das Geistige als Höchstes betrachtend nur selbes sucht. Hier ist der Zeitpunkt, wo der Geist das Suchen erleichtert, und dann sich selbst von der Seele finden lässt.
Bis dorthin lebte die Seele bloß ein Leben, das sie mit den Tieren gemein hatte und wenig über selbes hinausreichte; sobald aber das geistige Prinzip sich geltend macht, dann treten die Bedürfnisse der Seele und des Körpers zurück, sie werden untergeordnet den höheren Zwecken, und es beginnt ein geistiges nie verwelkendes Blütenleben. Bis dorthin schlief die Seele nur, oder sie lullte sich selbst in Träume ein, welche die Welt und ihre Annehmlichkeiten zum Hauptzweck hatten. Es waren bis zu diesem Erwachen die Seele und der Körper nur zwei vegetierende Pflanzen, wo eine wegen der anderen zum gemeinschaftlichen Zweck miteinander aufwuchsen.
So oft etwas geschah, was nicht gerade nach den Geistesgesetzen war, fühlte die Seele eine beunruhigende Ahnung, oder sie vernahm wohl eine Stimme in ihr, welche ihr ernste Vorwürfe machte und die ihr im Allgemeinen unter dem Titel Gewissen kennt, weil sie eben nicht zu verleugnen und ihrem Namen gemäß als etwas Gewisses auftritt. Seht nun, diese Stimme, die dem Menschen oft Dinge sagt, die er nicht hören möchte, diese Stimme ist teils die Stimme eures Geistes, teils die eines euch begleitenden guten Geistes oder Engels, wo ihr aber daneben oft auch Stimmen vernehmen könnt, die euch zum Bösen verleiten möchten, diese Stimmen sind dann Stimmen der Eigenliebe, oder die Stimme eines bösen Geistes, der durch das, dass er euch zum Schlechten verleitet, sich  entschuldigt glaubt, weil er denkt, der tut das auch, was ich tat, auch er konnte nicht widerstehen wie ich, und so bin nun nicht ich, sondern die menschliche Natur strafbar.
Endlich gibt es noch eine andere Stimme, welche oft euch sanfte Mahnworte, geduldige Gegenvorstellungen macht, wenn ihr gerade gesonnen seid etwas zu tun, wo euer Gewissen schon im Voraus dagegen gepredigt hatte; nun seht, diese Stimme, die mit so vieler Geduld oft euch mit ihren Lehren verfolgt, diese Stimme ist oftmals die Meine. Hier bekundet sich Mein Einflüstern in euer Herz, der Kopf mit seinem Denken schweigt, und ihr fühlt oder hört diese Stimme langsam und ruhig euch alles das Für und Wider einer beginnenwollenden Handlung auseinandersetzen.
Wer nun anfängt, sich dieser Stimme hinzugeben, ihr Gehör zu schenken, und nach dem Gehörten zu handeln, der wird nach und nach von dem Außen- in das Innenleben geführt, das ihm Genüsse bereitet, wobei er die der Außenwelt leicht verschmerzen kann. Auf diese Art erstarkt die Seele nun mehr und mehr, und dem Geist im Zentrum wird es erleichtert, der Seele seinen geistigen Typus mehr und mehr aufzudrücken.
Ist es so der Fall, dass das so gesteigerte Seelenleben einen gewissen Grad erreicht hat, und brauche Ich eben einen Menschen, der Mein Wort an andere verkünden soll, rein, wie Ich es gebe, so benütze Ich eine solche schon halb vorbereitete Seele, um durch sie Meine Zwecke zu fördern.
Dass dann das Schreiben oder geistige Hören ebenfalls verschieden ist, das kommt daher, weil eben auch diese Hörer auf ihre innere Stimme nicht auf gleicher Stufe von Geistesbildung stehen, weswegen der eine anders behandelt werden muss um Mein Wort wiederzugeben, als ein anderer.
Ich wähle Mir oft auch Leute, die eines guten Herzens und Willens sind, und bei aller sonstigen Einfachheit doch auf einer ziemlich hohen, moralischen Stufe stehen, ohne dass sie es selbst wissen. Diesen unbewussten Halbengeln muss Ich natürlich dann die Hand Selbst führen, und mechanisch mit ihnen schreiben, was sie nicht geübt sind, im Inneren zu vernehmen.
So ist auch Mein Einfließen eine kleine Störung des Lebensorganismus, indem, sobald ich auf das Herz oder mittelst des Sonnengeflechts* auf die Nerven einwirke, so wird das Gehirn außer Spiel gelassen, denn, so wie der eine oder andere über dieses Einfließende nachdenken will, so hat der Einfluss aufgehört, und niemand ist dann mehr fähig, eine genügende Antwort zu geben. Bei Meinem Einfließen und dem Vernehmbarmachen Meiner Stimme ist es dem Schreiber als wenn er mit einer zweiten Person spräche, die im Anfang nur den Schreiber fragt, dann aber ununterbrochen forterzählt und spricht. Alle anderen Ideen treten zurück, alle Phantasiegebilde schwinden, der Mensch ist bloß Ohr, und zwar nur geistiges Ohr, denn das Geräusch, was von außen an sein irdisch Ohr schlägt, bekümmert ihn nicht. So konzentriert er sich, Meiner Stimme allein zu horchen, lebt ein Gemeinleben mit Mir, und gibt auch dann wortgetreu wieder was Ich euch sagen wollte, damit ihr in der Aufklärung und Besserung fortschreitet.
Schon in den ältesten Zeiten war dieses Einfließen und Behorchen Meiner Stimme einzelnen Männern gegeben, denn alle Propheten des Alten Testaments waren nur Horcher Meiner Stimme in ihrem Herzen. Jetzt, da es Mir daran liegt, die Menschheit so bald als möglich ihrem Endziel entgegen zu führen, jetzt brauchen diese dazu von Mir gewählten Menschen nicht wie dort, Anachoreten  zu sein und in Wüsten zu leben, jetzt ist die Welt geistig ganz eine Wüste geworden, und derjenige, welcher anfängt, sich mit Mir zu beschäftigen und Meiner Stimme zu horchen, ist jetzt schon ganz Anachoret, weil er sich von der Außenwelt zurückgezogen nur seinem Inneren lebt, und an dem Aufbau des Tempels für ein besseres Leben arbeitet.
Noch ist zu erwähnen, dass auch, wie Ich es früher sagte, die Geister einen Einfluss auf das Herz eines Menschen haben können; will dann der Mensch dieses zu Papier bringen, oder lässt er sich etwa von Geistern willenlos die Hand führen usw., so habt ihr den ganzen Prozess des Spiritismus  vor euch, nur ist es bedingt beim Verkehr mit Geistern, dass das Nervensystem nicht zu fest sei, und leicht gelockert werden kann, was beim weiblichen Geschlecht eher der Fall ist als beim männlichen. Was bei diesem spiritistischen Fragen und Antworten herauskommt, wisst ihr, und wisst auch selbes zu beurteilen, nachdem Ich euch schon so manches darüber gesagt habe.
Mein Einfließen ist natürlich weit von dem der Geister verschieden; bei Geistern hört ihr vielleicht wohl schöne Lehren, je nach der Stufe des Geistes selbst, bei Mir aber hört ihr göttliche, nicht umzustoßende Wahrheiten. Die Geistermitteilungen, stellt euch einmal auf die Probe, werden euch nicht anreizen, sie zwei oder dreimal zu lesen, sie werden kurz gesagt euch bald langweilen, während Meine Worte ein eigenes Wesen ausmachen, wie eine nie verwelkende, wohlriechende Blume, die ihr, so oft ihr sie auch weglegt, doch immer wieder ergreift, um euch an ihrem Geruch neuerdings zu ergötzen. Dieses ist der Probierstein zwischen Mitteilungen von endlichen geschaffenen Geistern und dem unendlichen Schöpfer, eurem Vater.
So manche von euch beneiden Meine Schreiber, auf der einen Seite haben sie Recht wenn sie es tun, auf der anderen aber nicht, denn Mein Schreiber muss sich manchem beharrlich unterziehen, und mit Liebe für Mich und seine Nächsten beseelt sein, wo gerade dem Bewerber um solche Gnade es stark an diesen Eigenschaften fehlen könnte würde Ich ihn zu Meinem Schreiber gewählt haben, deswegen lasst dieses bei Seite, denkt, dass Ich allein es am besten weiß, zu was ein jeder nütze, und wenn Ich einen durchs Schreiben zu Mir ziehe, so seid versichert, die Hörer des Geschriebenen stehen Mir ebenso nahe wie der Schreiber oder Sprecher usw. Nehmt nun die himmlische Kost wie Ich sie euch gebe, und lebt danach, und lasst einem jedem seinen von Mir ihm gestellten Beruf. Alle werdet ihr einst an Meiner Vaterbrust den großen Drang der Einigung mit Mir stillen können, keiner wird bevorzugt werden, denn ihr seid alle Meine Kinder! Dieses Wort von eurem Vater genüge euch und hiermit Meinen Segen. Amen.“

Quelle: "Zur Dreieinigkeit", Neu-theosophische Schrift Nr. 37, Kundgabe vom 12. November 1870


* Das Sonnengeflecht, auch genannt Solarplexus (solar = Sonne, plexus = komplex, verflochten, verschlungen) ist ein vegetatives Nervengeflecht zahlreicher sympathischer und parasympathischer Nervenfasern tief im inneren Oberbauchraum des Körpers. Es befindet sich zwischen dem ersten Lendenwirbel und dem letzten Brustwirbel an der Hinterwand der Bauchhöhle zwischen Magen und Hauptschlagader. Es wird als eines der energetischen und psychischen Zentren des Menschen angesehen, und in diesem Zusammenhang auch Zentrum der Emotionen genannt, und dem Sitz des dem Unbewussten zugeordneten Teils der Seele zugeordnet.


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