Gottfried Mayerhofer - Predigten des Herrn - Gottfried Mayerhofer

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PREDIGTEN DES HERRN
- Originaltext nach der Erstausgabe von 1892 -
20.
Am ersten Sonntag nach Ostern

Die Erscheinung Jesu bei Seinen Jüngern
Johannes 20,19-29: Am Abend aber desselben ersten Tages der Woche, da die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten ein und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen. Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Gleichwie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und da er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten. Thomas aber, der Zwölf einer, der da heißt Zwilling, war nicht bei ihnen, da Jesus kam. Da sagten die anderen Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Es sei denn, dass ich in seinen Händen sehe die Nägelmale und lege meinen Finger in die Nägelmale und lege meine Hand in seine Seite, will ich's nicht glauben. Und über acht Tage waren abermals seine Jünger drinnen und Thomas mit ihnen. Kommt Jesus, da die Türen verschlossen waren, und tritt mitten ein und spricht: Friede sei mit euch! Danach spricht er zu Thomas: Reich deinen Finger her und sieh meine Hände, und reich dein Hand her und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! Spricht Jesus zu ihm: Dieweil du mich gesehen hast, Thomas, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben. Auch viele andere Zeichen tat Jesus vor seinen Jüngern, die nicht geschrieben sind in diesem Buch. Diese aber sind geschrieben, dass ihr glaubt, Jesus sei Christus, der Sohn Gottes, und dass ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen.


Empfangen am 5. März 1872

Die Entwicklungsstadien des Glaubens

Dieses Kapitel bestätigt Meine Auferstehung und zeigt euch die Wichtigkeit und Notwendigkeit derselben, wenn das große Werk Meines Erdenlebens nicht erfolglos bleiben sollte, denn ihr seht nun Meine Jünger wie sie furchtsam, ohne Mut und Glauben sich zurückzogen und einschlossen, und so eine Stärkung dringend nötig hatten.
Was Ich euch in der vorhergehenden Predigt gesagt habe, bestätigt sich hier nur umso mehr, denn einer Meiner Jünger, der bei Meinem ersten Erscheinen nicht gegenwärtig war, glaubte nicht einmal dem Bericht der anderen Jünger und der Magdalena die Mich gesehen hatten, dass Ich auferstanden sei, sondern wollte erst dann glauben, wenn er die Wundmale an Meinem Leib gesehen, untersucht und wirklich als vorhanden gefunden hätte.
Dieses alles, was in jener Zeit geschah, nebst den anderen Zeichen, welche Ich vor Meinen Jüngern damals wirkte, Zeichen, die auch ihr später erleben werdet, das alles wird auch bei Meiner nächsten Darniederkunft sich nach und nach vor den Augen der lebenden Menschen wieder, und zwar geistig, zutragen.
Je mehr die Gläubigen Meiner reinen Lehre, wie Ich sie euch jetzt gebe, sich mehren werden, desto mehr werden dieselben auch alle Stadien der Begeisterung, des Zweifels, des Unglaubens und alle Erschütterungen des geistigen Lebens durchmachen müssen, denn die Verhältnisse werden oft gegen Mich zeugen.


Die Feuerprobe des wahren Glaubens und Vertrauens

Die Menschen, die von ihrem Welttaumel nicht lassen wollen, werden Meine Anhänger in ihrem Glauben irrezuführen und zu erschüttern suchen; sie werden sie hassen und verfolgen, und sich auch wo es möglich sein wird, an selben rächen.
Es wird auch in jener Zeit so Hartgläubige wie Thomas geben, die durch die auf sie einstürmende Drangsale entmutigt und irregeführt, allen früheren Glauben und Seelenfrieden über Bord werfen, und erst durch Mein persönliches Erscheinen wieder zu heilen sein werden. Und so wie sich die Jünger einschlossen, so werden sich künftig die Herzen vieler, sowohl für das Weltliche wie auch für das Geistige verschließen aus Furcht vor Irreleitung von einer oder der anderen Seite; aber Ich werde bei solchen in ihren Herzen den sanften Ruf ertönen lassen: Fürchtet euch nicht und der Friede sei mit euch, weil solche ohne Halt und Stütze auf dem Punkt stehen alles zu verlieren und in ewigem Zweifel unterzugehen. Der ganz Ungläubigen wie Thomas wird es dann viele geben, die selbst Meiner Lehre, Meinen Worten nicht mehr trauend, nur durch tatsächliche Beweise auf den früher gewandelten Weg zurückgeführt werden können.
So werden Meine Anhänger und zukünftigen Kinder die letzte Feuerprobe des wahren Vertrauens bestehen müssen, denn wenn sie wie einst Meine Jünger dann ausgesandt werden sollen, um Anderen Glauben und Vertrauen zu Mir einzuflößen, so müssen sie beides im höchsten Grad doch zuvor selbst besitzen.
So wie ihr Mich an Meinen Worten und Taten erkennen sollt, so müssen auch Meine Kinder und zukünftigen Jünger an ihren Worten und Taten zu erkennen sein, und durch selbe Anderen den tatsächlichen Beweis liefern, dass Vertrauen und fester Glaube das erste Erfordernis sind um Meiner würdig werden zu können.
Damals sagte Ich auch zu Thomas, nachdem er sich von Meiner Auferstehung selbst überzeugt hatte: Jetzt glaubst du, aber Ich sage dir, selig, die nicht sehen, und doch glauben!
Auch ihr, Meine Kinder, seid nicht um ein Haar besser als Meine Jünger es waren, auch ihr seid verzagt, kleinmütig und fangt an Meine Worte zu bezweifeln, und manche wenden sich der Welt mit ihren verführerischen Reizen wieder zu, wenn nicht alles gleich so geht wie ihr es wünscht; auch ihr wollt euch oft vor der Innen- und Außenwelt verschließen wenn dem Anschein nach Widersprüche auftauchen und ihr gewisse Ereignisse mit Meiner allumfassenden Liebe nicht vereinbaren könnt, auch euch muss Ich dann wie einst der Magdalena am Grab zurufen: Was weint ihr! Spart eure Tränen, denn Der, Den ihr von euch geschieden und fern glaubt, ist euch nah; nur ist Er nicht wie einst körperlich sondern geistig sichtbar.
Als Ich Meine Mission mit dem Kreuzestod beendet hatte, so hörte das Menschliche in Mir, nämlich der materielle Körper als solcher auf; er war schon vergeistigt um nur nach wenigen Tagen dem Quell seines Gottwesens wieder anheim zu fallen; und nur, als Ich zu Meinen Jüngern bei verschlossenen Türen kam, ließ Ich es zu als fühlten sie Mich körperlich.
Ich wirkte bei dieser Gelegenheit noch andere Zeichen, und zwar öffnete Ich ihnen ihre geistigen Augen und Ohren, damit sie von Meiner Gottheit noch mehr überzeugt wurden und dadurch Mut erlangen sollten, allen künftigen Gefahren zu trotzen, die die Umstände und ihr Lehrberuf mit sich brachten.
Solange Ich dem Leib nach unter ihnen wandelte, fehlte es ihnen noch an der festen Überzeugung von der Göttlichkeit Meines Wesens oder als wären Meine Eigenschaften und Kräfte nicht auch gewöhnlichen Menschen eigen; sie sahen wohl die Wunder und glaubten an diese eben unter dem drückenden Einfluss derselben; doch kaum war Ich von ihnen gegangen, kaum ließ der unmittelbare Einfluss Meiner Persönlichkeit nach, so war schon der feste Glaube, die Zuversicht und das Vertrauen hinweggewischt; und wäre Ich nicht auferstanden, hätte Ich nicht alle Meine früheren Versprechungen erfüllt, so wäre nicht ein Monat verflossen und Meine Jünger zu ihren alten Beschäftigung zurückkehrend, hätte das mit Mir Erlebte gleichsam nur als einen Traum angesehen, von dem ihnen nur eine Erinnerung übrig geblieben wäre, von dessen Wirklichkeit aber sie niemand hätte überzeugen können.
Und wie Ich damals Mein Werk mit Meiner Auferstehung und Meinem vierzigtägigen Wandeln unter Meinen Jüngern bekräftigte und mit Meiner Himmelfahrt besiegelte, ebenso muss Ich auch jetzt euch, Meine Kinder, leiten, stärken, und im Glauben und Vertrauen befestigen.


Aufruf Jesu an Seine Auserwählten

Wenn Ich damals Meinen Jüngern den heiligen Geist verlieh, indem Ich sie anhauchte und ihnen die Macht gab Sünden zu vergeben oder nicht zu vergeben, so konnte das nur geschehen weil sie zur festen Überzeugung gekommen waren, dass es nur Einen Gott gibt, Der ein Geist ist, und nur als Solcher erfasst werden kann, und dass eben dieser Gott, Jesus, ihr Führer war. So konnte Ich Meine Macht auf sie übertragen, und dieselbe in und durch Meine Jünger wirken lassen, wo sie dieselbe zu hohen geistigen Zwecken angewendet haben, nur das geistige Ziel, nämlich die Menschen zu Meiner Kindschaft zu leiten, im Auge habend.
So wie dort Meine Jünger bloß durch den Machtspruch des Wortes Kranke heilen und andere Wunder wirken konnten, so sollt auch ihr und alle Meine künftigen Nachfolger gestärkt werden um im festen Vertrauen auf Meine Macht und Mitwirkung Taten zu verrichten, die dem gewöhnlichen Menschen fremd, ja unmöglich, dem geistig Wiedergeborenen aber ein leichtes sein werden. Die Zeiten und Verhältnisse werden euch dazu erziehen.
Viele habe Ich dazu berufen, aber um zu diesem Zweck auserwählt zu werden, dazu bedarf es eures Willens, denn das Auserkoren sein liegt an euch allein. Verschließt euer Herz nicht Meiner Vaterstimme und verzagt nicht, Ich bin und bleibe ja stets bei denen, die auch um jeden Preis bei Mir bleiben wollen. Wartet nicht wie Thomas auf Mein persönliches Erscheinen um zu glauben, sondern glaubt und vertraut fest auf Mich wenn ihr Mich auch noch nicht gesehen habt, damit Mein Erscheinen nur eine Bestätigung und Bekräftigung des schon früher Geglaubten und Gehofften werde, und ihr dann tüchtig seid, Mir, euch selbst, und euren Nächsten in dem Sinn zu nützen wie Ich Selbst Meinen Jüngern während Meines Wandelns unter ihnen nützte.
Lasst euer Herz nicht von Zweifeln bestürmen und schwächt nicht mit Grübeleien euer Vertrauen; Meine Kinder sollen stets erhaben über alles Weltliche, den Blick nach Oben richten und stets Meiner Liebe, Meiner väterlichen Fürsorge für sie wie für alle Geschöpfe und Meines Opfers eingedenk sein, damit ihr Herz ein steter Tempel Meiner Liebe und des unerschütterlichen Glaubens und Vertrauens zu Mir, und ihnen eine rechte Stütze in allen Misshelligkeiten des Lebens, und ein fester Hort gegen alle Anfechtungen von Zweifel und Unglauben werde; dann werdet ihr stets den Ruf in euch ertönen hören: Der Friede sei mit euch, denn wo im Hinblick auf Mich und Meine Liebe der Friede schon im Herzen thront, da brauche Ich selben nicht erst zu bringen sondern nur zu bestätigen.
Der Friede sei mit euch und weiche nie aus eurem Herzen, so rufe Ich euch nun zu, damit Ich stets dort Eingang, und zwar freien Eingang finde, und nicht bei verschlossenen Türen durch die Macht Meines Willens eindringen muss sondern ungehindert [eintreten] kann, und euer Gemüt bereit finde, Mich als Den anzuerkennen, Der auch Seinen Jüngern in jener Zeit nichts anderes war als ihr Führer, Leiter und Vater! Amen.


Weiteres zu den Geschehnissen in der Osterzeit und ihre geistige Bedeutung für die damalige wie auch unsere heutige Zeit siehe hier.


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